Die aus dem Pfelgepersonal-Stärkungsgesetz resultierenden Änderungen wirken sich auch auf den potentiellen Nutzerkreis und die Anwendungsfelder der Videosprechstunde aus. Darüber hinaus zeigt sich die Gemeinschaft der kbv-zertifizierten Videodienstanbieter in Deutschland kooperativ und formuliert in einem Schulterschluss klare Anforderungen an die gestaltenden Gremien von Bundesregierung und Ärztekammern, sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den KV´en der Länder.
Weiterentwicklung der Videosprechstunde durch das PpSG § 87 Abs. 2a Satz 17ff SGB V (neu)
„(…) Mit Wirkung zum 1. April 2019 ist durch den Bewertungsausschuss eine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach der Videosprechstunden in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei der Anpassung sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung zu berücksichtigen.“
Eckpunkte aus der Gesetzesbegründung:
- Versorgung durch Videosprechstunden soll weiter ausgebaut werden – insbesondere für Pflegebedürftige und im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung
- Berücksichtigung des gelockerten ärztlichen Fernbehandlungsverbots in der MBO
- Die Fokussierung auf bestimmten Indikationen und Fachgruppen soll entfallen
- Die Pflege soll in die Versorgung mit Videosprechstunden eingebunden werden (Finanzierung der Investitionskosten für die entsprechende Technik und Schulungen erfolgt durch die Pflegeversicherung)
- Psychotherapeuten sollen im Rahmen des Berufsrechts zukünftig auch Videosprechstunden anbieten dürfen
Änderung der MBO-Ä
Der 121. Deutsche Ärztetag hat eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots beschlossen. Eine ausschließliche ärztliche Fernbehandlung ist nun gemäß dem geänderten § 7 Abs. 4 MBO-Ä möglich:
- Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt.
- Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen.
- Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.
Änderung der MBO-PT
Auch der Deutsche Psychotherapeutentag hat eine Lockerung des Fernbehandlungsverbots beschlossen. Die psychotherapeutische Fernbehandlung ist nun gemäß geändertem § 5 Abs. 5 MBO-PT möglich:
- „Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erbringen psychotherapeutische Behandlungen im persönlichen Kontakt.
- Behandlungen über Kommunikationsmedien sind unter besonderer Beachtung der Vorschriften der Berufsordnung, insbesondere der Sorgfaltspflichten, zulässig.
- Dazu gehört, dass Eingangsdiagnostik, Indikationsstellung und Aufklärung die Anwesenheit der Patientin oder des Patienten erfordern.
- Die Mitwirkung an Forschungsprojekten, in denen psychotherapeutische Behandlungen ausschließlich über Kommunikationsmedien durchgeführt werden, bedarf der Genehmigung durch die Landespsychotherapeutenkammer.“
Positionspapier der Videodienstanbieter
Am 11.03.2019 haben die deutschen Anbieter von KBV-zertifizierten Videosprechstunden ein Positionspapier an die Entscheidungsgremien versendet. Darin wurden konkrete Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen formuliert und eingefordert, um die Nutzung der Videosprechstunde in Deutschland attraktiver zu machen.
Die zentralen Forderungen aus dem Positionspapier in der Kurzfassung:
- Patienteneinwilligung muss digital erfolgen dürfen
- Primär muss die Verbindung Peer-to-Peer aufgebaut werden, unter gewissen Bedingungen ist auch die alternative Nutzung eines Turn-Servers mit Standort in EU zulässig (z.B. bei Mehrfachkonferenzen oder Hemmnis durch Firewalls oder NAT)
- Einheitlicher Nachweis der Zertifizierung gegenüber den KV´en
- Keine Zertifizierung des Videosprechstunde an sich als Medizinprodukt
- Gleichstellung von analogem und digitalem APK: auch die Konsultation per Videosprechstunde löst die Behandlungspauschale aus. Das medizinische Fachpersonal muss die Entscheidungshoheit diesbezüglich behalten.
Mehr zum Positionspapier lesen Sie hier…
Glossar
PpSG → Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz
MBO-Ä → (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte
MBO-PT → (Muster-)Berufsordnung für die Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
APK → Arzt-Patienten-Kontakt