Fallkonferenzen richtig abrechnen

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Die Behandlung schwer kranker, geriatrischer und palliativmedizinischer Patienten ist in der Regel nicht ohne kooperatives ärztliches Handeln oder das Zutun komplementärer Berufsgruppen bzw. Angehöriger möglich. Der EBM bietet dafür etliche Abrechnungspositionen an. Die GOÄ stellt bislang nur allgemeine Leistungen zur Verfügung.

Im hausärztlichen Bereich sind insbesondere die Fallkonferenzen nach den EBM-Nrn. 37120, 37320, 37400 und 01442 von Bedeutung. Der jeweilige Ansatz ist ohne Zusatzqualifikationen möglich und kann deshalb uneingeschränkt in die haus­ärztliche Versorgung integriert werden. In einigen Fällen sind lediglich vertragliche, aber frei zugängliche Vereinbarungen erforderlich.

Dies ist z.B. der Fall bei der Nr. 37120. Es geht um eine patienten­orientierte Fallbesprechung mit einer Pflegeeinrichtung unter Beteiligung der notwendigen ärztlichen Fachdisziplinen und/oder weiterer komplementärer Berufe sowie mit Pflegekräften des Pflegeheims, mit dem ein Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V besteht, der die Anforderungen der Anlage 27 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte erfüllt. Die Leistung ist mit 6,93 Euro bewertet und kann maximal dreimal im Krankheitsfall berechnet werden. In derselben Sitzung sind die Nr. 37400 und im Behandlungsfall die Nrn. 37302, 37305, 37306 und 37320 ausgeschlossen.

Auch telefonisch oder per Video­sprechstunde möglich

Die Nr. 37320 (6,93 Euro) steht für eine patientenorientierte pallia­tivmedizinische Fallbesprechung mit den notwendigen ärztlichen Fachdisziplinen und/oder weiteren komplementären Berufen sowie mit Pflegekräften bzw. Angehörigen, die an der Versorgung des Patienten beteiligt sind. Eine Berechnung ist höchstens fünfmal im Krankheitsfall möglich.

Auch hier besteht ein Ausschluss neben der Nr. 37400 in gleicher Sitzung sowie neben den Nrn. 30706 und den Positionen des Abschnitts 37.2 im Behandlungsfall. Im Gegensatz zu den übrigen Leistungen im Abschnitt IV 37.2 ist die Fallkonferenz nach Nr. 37320 auch ohne eine palliativmedizinische Zusatzqualifikation im Rahmen der hausärztlichen Palliativversorgung nach Abschnitt IIIa 3.2.5 berechnungsfähig.

Die Fallkonferenzen nach den Nrn. 37120 und 37320 sind sowohl telefonisch wie auch in einer Video­sprechstunde berechnungsfähig.

Nur für den Fall der Videosprechstunde gilt dies auch für die neu geschaffene Fallkonferenz nach Nr. 01442 (siehe MT Nr. 43/19). Sie steht für eine patientenorientierte Videofallbesprechung zwischen dem Vertragsarzt, der die diagnostischen, therapeutischen und/oder rehabilitativen Maßnahmen sowie die pflegerische Versorgung des Patienten koordiniert, und den Pflegekräften, die in der Häuslichkeit des chronisch pflegebedürftigen Patienten oder einer Pflege- bzw. beschützenden Einrichtung tätig sind. Auch diese Leis­tung (6,93 Euro) ist mehrfach im Behandlungsfall, aber nur maximal dreimal im Krankheitsfall berechnungsfähig. In derselben Sitzung ist eine parallele Berechnung der Nrn. 01758, 30210, 30706, 30948, 37120, 37320 und 37400 ausgeschlossen.

Ziffern, die mit zusätzlichen Qualifikationen verknüpft sind

Im Gegensatz zu den bisher genannten Leistungen ist als Abrechnungsvoraussetzung bei den nachfolgend genannten Ziffern eine Zusatzqualifikation erforderlich.

Die Nr. 30210 (6,93 Euro) steht für die ggf. auch telefonische Teilnahme an einer multidisziplinären Fallkonferenz zur Indikationsüberprüfung eines Patienten mit diabetischem Fußsyndrom vor Überweisung an ein Druckkammerzentrum. Sie kann einmal im Krankheitsfall berechnet werden. Eine zweifache Berechnung im Krankheitsfall für dieselbe(n) Wunde(n) ist nur mit ausführlicher Begründung der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall zulässig. Hausärztliche Internisten und Allgemeinmediziner, jeweils mit der Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder der Bezeichnung „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“, können die Leistung zum Ansatz bringen.

Nr. 30706 kann für die Teilnahme an einer schmerztherapeutischen Fallkonferenz berechnet werden. Sie wird mit 6,49 Euro vergütet. Ihre Ansatzhäufigkeit ist nicht eingeschränkt. Die Leistung ist nur in Behandlungsfällen berechnungsfähig, in denen die schmerztherapeutische Grundpauschale nach Nr. 30700 veranschlagt worden ist. Diese wiederum kann nur mit Genehmigung durch die KV angesetzt werden. Hausärzte sowie komplementär behandelnde Ärzte dürfen jedoch die Gebührenordnungsposition unter Angabe des primär schmerztherapeutisch verantwortlichen Arztes berechnen.

Im Behandlungsfall ist die Berechnung der wichtigen hausärztlichen Leistungen nach den Nrn. 03040 (Zusatzpauschale zur Versichertenpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags), 03220, 03221 (Chronikerpauschalen) und 37320 ausgeschlossen, sodass sich eine Abrechnung betriebswirtschaftlich gesehen nicht lohnt.

Dies gilt auch für den Ansatz der Leistung nach Nr. 30948 (Teilnahme an einer MRSA-Fall- und/oder regionalen Netzwerkkonferenz gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung MRSA, einmal im Behandlungsfall, 4,98 Euro) die bei sehr niedriger Bewertung mit hohen Qualifikationsauflagen belastet ist.

Einer Erläuterung bedarf noch die Nr. 37400 (Versorgungsplanung). Seit 2019 gibt es das Hospiz- und Palliativgesetz, aus dem sich die Nr. 37400 ableitet. Danach können sich GKV-Patienten auf Krankenkassenkosten über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase beraten lassen.

Pflegeeinrichtungen sollen einen solchen Berater haben, der den behandelnden Arzt ins patienten­orientierte Beratungsgespräch (ggf. telefonisch) einbezieht. In dem Fall kann der Arzt die Nr. 37400 mit 10,82 Euro abrechnen. Die Versorgungsplanung ist für GKV-Patienten in Pflegeheimen freiwillig. Auf Patientenwunsch können neben dem Arzt auch Angehörige und andere Vertrauenspersonen teilnehmen. Eine Altersbeschränkung des Patienten bzw. die Vorgabe, dass dieser z.B. chronisch krank bzw. palliativ behandlungsbedürftig sein muss, besteht nicht. Es gibt auch keine Zeitvorgabe für das Beratungsgespräch.

Die Leistung kann einmal im Behandlungsfall (Quartal) abgerechnet werden, bei Bedarf auch mehrmals im Leben des Patienten. In derselben Sitzung sind die Nrn. 03371, 03372, 03373, 04371, 04372, 04373, 37305, 37306, 37318 und die Fallbesprechungen nach den Nrn. 37120 und 37320 nicht ansetzbar. An anderen Tagen ist dies hingegen möglich.

In der GOÄ gibt es keine Abrechnungsmöglichkeiten für Fallkonferenzen wie im EBM. Erst die neue GOÄ sieht Fallkonferenzen unterschiedlicher Art vor. Ein Inkrafttreten der neuen GOÄ ist zwar für Oktober 2020 geplant, könnte sich aber je nach politischer Lage, auf die die federführende Bundesärztekammer keinen Einfluss hat, verzögern.

EBM-Nr. Legende Besonderheiten GOÄ-Nr.
37120 Fallkonferenz bei Pflegeheimbewohnern, dreimal im Krankheitsfall Kooperationsvertrag nach § 119b SGB V gemäß Anforderungen der Anlage 27 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte mit Pflegeheim erforderlich. 1, 3, 4, 15, 60
37320 Fallkonferenz bei Palliativpatienten, fünfmal im Krankheitsfall Keine besondere Zusatzqualifikation erforderlich.
01442 Video-Fallkonferenz mit Pflegekräften, dreimal im Krankheitsfall Nur berechnungsfähig, wenn in den letzten drei Quartalen, inklusive des aktuellen Quartals, ein persönlicher APK in derselben Arztpraxis stattfand.
37400 Fallkonferenz Versorgungsplanung, einmal im Behandlungsfall Pflegeheim muss Beschäftigung eines Beraters gem. § 132g Abs. 3 SGB V nachweisen.
30210 Fallkonferenz vor hyperbarer Sauer-stofftherapie bei diabetischem Fuß-syndrom, einmal im Krankheitsfall Abrechnungsberechtigt sind z.B. Fachärzte der Inneren oder Allgemeinmedizin mit der Zusatzweiterbildung „Diabetologie“ oder der Bezeichnung „Diabetologe DDG“.
30706 Fallkonferenz Schmerztherapie Hausärzte sowie weitere komplementär behandelnde Ärzte dürfen die Nr. unter Angabe des primär schmerztherapeutisch verantwortlichen Arztes berechnen.

Beratung, Fremdanamnese, Koordination und Konsil

Bis dahin helfen analoge Leistungspositionen. Hier kommen die Nrn. 1 (Beratung, 10,72 Euro), 3 (Beratung mindestens 10 Minuten, 20,10 Euro) und (Fremdanamnese, 29,49 Euro) in Betracht. Sie können auch bei einem sog. mittelbaren Arzt-Patienten-Kontakt berechnet werden, wie dies z.B. bei Bezugspersonen oder behandelnden Personen und damit im Rahmen einer Fallkonferenz der Fall ist. Eine telefonische Erbringung ist nicht ausgeschlossen.

Ergänzend bietet sich die Nr. 15 (Einleitung und Koordination flankierender Maßnahmen, 40,23 Euro, einmal im Kalenderjahr) an oder die Nr. 60 (Konsil, 16,07 Euro), wenn die Fallkonferenz unter Ärzten erfolgt. Den genannten Euro-Beträgen liegt der Schwellensatz von 2,3 zugrunde. Je nach zeitlicher Beanspruchung kann ggf. ein höherer Multiplikator angewendet werden.

 

 

Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann, Medical-Tribune-Bericht vom 1.11.2019

Zugriff am 02.11.2019 um 10:30 Uhr unter https://www.medical-tribune.de/praxis-und-wirtschaft/abrechnung/artikel/fallkonferenzen-richtig-abrechnen/

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